Das Landgericht Kassel genehmigte als Beschwerdeinstanz ausnahmsweise die Schenkung einer Betroffenen an ihre Söhne durch den Betreuer (LG Kassel, Beschluss vom 12.10.2012 - 3 T 349/12). Mit einer rechtzeitzigen Vorsorgegestaltung wäre das gesamte Verfahren entbehrlich gewesen.
Im Fall des Landgerichts Kassel spielten vier Personen eine Rolle: Die Betroffene, der Betreuer und die beiden Söhne der Betroffenen. Die Betroffene ist die Hauptperson. Sie litt unter anderem an Demenz und musste in ein Pflegeheim. Deshalb wurde ihr Wohnhaus für 130.000 € verkauft. Die Betroffene hatte weitere 30.000 €, so dass ihr Gesamtvermögen auf 160.000 € anwuchs. Das laufende Einkommen der Betroffenen genügte, um den Lebensbedarf und die Pflegekosten zu bezahlen. Was also tun mit dem schönen Geld?
Hier kommt der Betreuer ins Spiel. Der Betreuer wird vom Gericht ernannt und ist gesetzlicher Vertreter der Betroffenen. Der Betreuer gelangte zu der Auffassung, dass die Betroffene einen Teil des Geldes ihren Söhnen zugewandt hätte, wenn sie noch geschäftsfähig wäre. Dafür sprach, dass ein Sohn Schulden hatte und die Betroffene ihm bereits in der Vergangenheit geholfen hatte. Zudem hatten die Söhne auf ihre Pflichtteilsansprüche nach dem Tod des Vaters verzichtet, damit dessen Vermögen ungeschmälert der Mutter zufließt. Der Betreuer entschloss sich daher, je 40.000 € an die beiden Söhne zu verschenken.
Nun kam noch das Betreuungsrecht dazu. Nach § 1908i Absatz 2 Satz 1 BGB, § 1804 BGB darf ein Betreuer grundsätzlich keine Schenkungen vornehmen. Als Ausnahme davon sind Gelegenheitsgeschenke und Schenkungen möglich, "durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird". Ein Gelegenheitsgeschenk konnte die Schenkung von jeweils 40.000 € hier nicht sein. Entsprach die Schenkung also einer sittlichen Pflicht?
Darüber wurde durch zwei Instanzen gestritten. Die Verfahrenspflegerin war der Ansicht, dass die Schenkung nicht zulässig sei. Das Amtsgericht gelangte zum selben Ergebnis und verweigerte die gerichtliche Genehmigung, wobei sich noch darüber streiten ließ, ob diese überhaupt erforderlich war. Das Landgericht Kassel ließ sich schließlich überzeugen und genehmigte die Schenkung aufgrund der Umstände im Einzelfall. Wie die Entscheidung des Amtsgerichts zeigt, hätte dies auch beim Beschwerdegericht anders ausgehen können, wenn ein anderer Richter zuständig gewesen wäre. Der Streitwert wurde auf 80.000 € festgesetzt, so dass die Betroffene mit erheblichen Kosten belastet wurde, die sie auch nicht erstattet verlangen kann.
Wie hätte der Fall laufen können, wenn die Betroffene rechtzeitig Vorsorgeregelungen erstellt hätte? In diesem Fall hätte die Erblasserin vorher ausdrücklich regeln können, unter welchen Umständen sie sich Schenkungen an ihre Söhne wünscht. Bei der Vorsorgegestaltung nennen wir die Betroffene Vollmachtgeberin. Sie erteilt eine Vorsorgevollmacht an einen Vorsorgebevollmächtigten, der sie nach außen vertritt. Mit dem Vorsorgebevollmächtigten schließt die Vollmachtgeberin einen sogenannten Vorsorgevertrag. Darin sind die Regelungen zu etwaigen Schenkungen enthalten. Die Schenkungen verlaufen dann reibungslos und ohne Beteiligung des Gerichts.
Im Sachverhalt des Landgerichts Kassel findet sich die Aussage, dass die beiden Söhne die Betreuung nicht übernehmen konnten, weil sie weiter weg wohnten und beruflich ausgelastet waren. Für diesen Fall gibt es VorsorgeAnwälte. Die Betroffene hätte einen Rechtsanwalt als Vorsorgebevollmächtigten beauftragen können. Wenn Sie jetzt einen VorsorgeAnwalt in Ihrer Nähe suchen, sei Ihnen die Webseite des VorsorgeAnwalt e.V. empfohlen.