Der Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen hat die Bezeichnung „VorsorgeAnwalt“ als zulässig anerkannt. Das Urteil zum Aktenzeichen 2 AGH 29/11 ist am 7.9.2012 ergangen und inzwischen rechtskräftig.
Ausdrücklich nahm der AnwGH NRW von seiner Entscheidung vom 7.1.2011 Abstand, in welcher die Bezeichnung noch als unzulässig angesehen wurde (S. 8). Schon die damalige Begründung war „dünn“. Unter anderem hatte der AnwGH gemeint, ein Gebiet des „Vorsorgerechts“ gebe es nicht. Zudem lag das Hauptaugenmerk der damaligen Entscheidung auf der Frage der Zulässigkeit des „zertifizierten Testamentsvollstreckers“. Der Begriff „VorsorgeAnwalt“ wurde nur am Rande behandelt. Beide Bezeichnungen hielt der AnwGH für unzulässig. Die Entscheidung des BGH vom 12.7.2012 zum „zertifizierten Testamentsvollstrecker“ gut ein Jahr später war damit zumindest ein weiterer guter Grund, die Beurteilung der Zulässigkeit der Bezeichnung „VorsorgeAnwalt“ noch einmal zu überdenken.
Der AnwGH NRW tat dies ausführlich und mit einer tiefgehenden sowie ausgewogenen Argumentation. Er hob einen belehrenden Hinweis der RAK Hamm gegen ein Mitglied des VorsorgeAnwalt e.V. auf, welches sich in seiner Werbung (Zeitungsanzeige) und auf dem Briefkopf als „VorsorgeAnwalt“ bezeichnet hatte.
Wichtig war die Entscheidung des BGH vom 12.7.2012 zum „zertifizierten Testamentsvollstrecker“. Dieses Urteil ist von der Anwaltschaft eher zu wenig gewürdigt worden, da im konkreten Fall die Führung der Bezeichnung „Testamentsvollstrecker“ als nicht zulässig gesehen wurde. Dabei entschied der BGH grundsätzlich sehr positiv, dass ein Rechtsanwalt sich auch werbend als „Testamentsvollstrecker“ bezeichnen darf.
Für die vorliegenden Angelegenheit war wesentlich, dass der AnwGH auf der Grundlage der BGH-Entscheidung erkannt hat, dass die „Auslegung der Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung und der Berufsordnung sich an dem – die anwaltliche Berufsausübung prägenden – Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) auszurichten [hat].“ (S. 6). Nicht die Gestaltung der Anwaltswerbung sondern deren Einschränkung muss besonders gerechtfertigt werden: „Denn vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit bedarf eine Werbung oder eine Darstellung der Tätigkeit eines Rechtsanwaltes nicht einer sachlichen Zulässigkeit; vielmehr muss es umgekehrt Gründe geben, die im Hinblick auf das Gemeinwohl ausreichend begründen, warum eine – im Übrigen sachbezogene – Angabe auf dem Briefkopf eines Rechtsanwaltes unzulässig und damit verboten sein soll.“ (S. 7)
Eine Verwechslungsgefahr mit einer Fachanwaltschaft bestand nicht, da es einen Fachanwalt für Vorsorgerecht nicht gibt. Die Existenz des Vorsorgerechts wird nun auch anerkannt.
Der AnwGH geht davon aus, dass nicht für das gesamte rechtsuchende Publikum klar ist, was ein Vorsorgeanwalt tut. Unabhängig davon, dass weite Kreisen auch nicht sagen könnten, was ein „Verfahrensbeistand“ oder „Ergänzungspfleger“ macht, und Begriffe wie „Nachlasspfleger“, „Nachlassverwalter“ und „Testamentsvollstrecker“ von Laien oft mit den unterschiedlichsten Bedeutungen bedacht und auch sprachlich durcheinandergebracht werden („Nachlassvollstrecker“ u.a.), ist diese Annahme – noch – richtig.
Zutreffend hat der AnwGH aber erkannt und ausgesprochen, dass es auf diese Frage nicht ankommt. Unzulässig ist erst, was das rechtsuchende Publikum gefährdet. Das geschieht durch die Bezeichnung als „VorsorgeAnwalt“ sicher nicht.
Konkret ist festzuhalten: Die Bezeichnung „VorsorgeAnwalt“ ist zulässig. Rechtsanwälte dürfen werben. Rechtsanwälte dürfen neue Geschäftsfelder entdecken, wie die Übernahme von Bevollmächtigungen zu Vorsorgezwecken. Angesichts der Tatsache, dass die meisten von uns den Beruf nicht nur als Berufung, sondern auch zum Geldverdienen ausüben, ist das mehr als nur erfreulich.
Die Rechtsanwaltskammern in Berlin und Hamburg hatten übrigens die Bezeichnung schon einige Zeit zuvor als zulässig anerkannt. Weitere Kammern hatten Beschwerdeverfahren gar nicht erst betrieben.
Für neue Ideen ist immer Platz, ob nun im Vorsorgerecht oder auf anderen Rechtsgebieten. Das unterstreicht der AnwGH NRW geradezu in seiner Urteilsbegründung: „Der Senat geht davon aus, dass in Zukunft eine Bezeichnung wie ‚Vorsorgeanwalt‘ in der Öffentlichkeit stärker bekannt werden wird, weil aufgrund der demographischen Entwicklung der Beratungsbedarf zu Erbrecht, Vorsorgerecht, Betreuungsverfügungen etc. zunehmen wird; diese Entwicklung wird erfahrungsgemäß auch dazu führen, dass die Medienpräsenz eines solchen Begriffes stark zunimmt, so dass der Begriff selbst für die rechtsuchende Bevölkerung immer stärker bekannt werden wird.“ (S. 9 f)
Weitere Informationen zum VorsorgeAnwalt finden Sie unter www.VorsorgeAnwalt.de