Mittwoch, 15. Mai 2019

BGH: Leiden bei unterlassenem Behandlungsabbruch ist kein Schaden


Was passiert, wenn jemand mit einer Magensonde am Leben erhalten wird, obwohl die medizinische Indikation dafür entfallen ist? In diesem Fall ist die Weiterbehandlung rechtswidrig. Führt das aber zu einem Schmerzensgeldanspruch des Patienten bzw. seiner Erben? Der Bundesgerichtshof hat diese Frage verneint (BGH, Beschluss vom 02.04.2019 - VI ZR 13/18).

Das menschliche Leben sei ein höchstrangiges Rechtsgut und absolut erhaltungswürdig. Das Urteil
über seinen Wert stehe keinem Dritten zu. Deshalb verbietet es sich, das Leben - auch ein leidensbehaftetes Weiterleben - als Schaden anzusehen. Auch wenn der Patient selbst sein Leben als lebensunwert eracht, verbiete die Verfassungsordnung aller staatlichen Gewalt einschließlich
der Rechtsprechung ein solches Urteil über das Leben des betroffenen Patienten mit der
Schlussfolgerung, dieses Leben sei ein Schaden. Zudem entziehe es sich menschlicher
Erkenntnisfähigkeit, ob ein leidensbehaftetes Leben gegenüber dem Tod ein Nachteil sei.

Montag, 13. Mai 2019

Kontrollbetreuung bei Vollmachtsmissbrauch

Wenn der Vorsorgebevollmächtigte (vermeintlich) seine Vollmacht missbraucht, kann das Betreuungsgericht einen Kontrollbetreuer bestellen. Im Beschluss des BGH vom 09.05.2018 (XII ZB 413/17) hatte die Betroffene ihrem Sohn und ihrem Enkel notarielle Vorsorgevollmachten erteilt. Beide waren von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, durften also sogenannte Insichgeschäfte als Vertreter der Betroffenen mit sich selbst abschließen.

Die Betroffene war wohl schon immer großzügig gegenüber ihrem Sohn. Nachdem die Betroffene geschäftsunfähig geworden war, setze der Sohn die Großzügigkeit mit seiner Vorsorgevollmacht fort. So gab er seiner GmbH und seiner Ehefrau Darlehen. Dabei kam es zu Ungereimtheiten, weil Darlehenszinsen nicht oder an die falsche Person gezahlt wurden. Weiterhin stellte sich die Frage, ob das Vermögen der Betroffenen noch ausreichte, um sich die Großzügigkeit gegenüber dem Sohn zu leisten. Der BGH entschied daher, dass in diesem Fall ein Kontrollbetreuer erforderlich ist.