Ein Betroffener kann im Betreuungsverfahren alle Verfahrenshandlungen vornehmen, selbst wenn er nicht geschäftsfähig ist. Insbesondere kann er einen Rechtsanwalt bevollmächtigen. (BGH, Beschluss vom 30.10.2013 - XII ZB 317/13)
Der Bundesgerichtshof musste über einen Fall entscheiden, in dem das Betreuungsgericht für den Betroffenen eine (neue) Betreuerin bestellt hatte und einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet hatte. Aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs ist nicht erkennbar, mit welchen Gründen sich der Betroffene wehren wollte. Die Gründe reichen regelmäßig von der Frage, ob die medizinischen Voraussetzungen vorliegen, über die Auswahl des Betreuers bis zur Frage, ob es eine vorrangige Vorsorgevollmacht gibt. Im Fall des Bundesgerichtshofs hatte das Beschwerdegericht dem Betroffenen bereits verwehrt, seine Argumente überhaupt vorzubringen.
Der Betroffene hatte einen Rechtsanwalt beauftragt, der für ihn eine Beschwerde eingelegt hatte. Das Beschwerdegericht kam auf die Idee, dass die Vollmacht des Rechtsanwalt nichtig sei. Der Betroffene sei aus der Sicht des Beschwerdegerichts geschäftsunfähig und könne daher auch keine wirksame Vollmacht erteilen. Der Bundesgerichtshof griff korrigierend ein und verwies die Sache zurück an das Beschwerdegericht.
Im Betreuungsverfahren geht es unter anderem darum, ob der Betroffene geschäftsfähig ist oder wie hier unter einen Einwilligungsvorbehalt gestellt wird. Es wäre absurd, wenn dem Betroffenen die Rechtsverteidigung mit der Begründung abgeschnitten werden könnte, das Gericht gehe (bereits vor Abschluss des Verfahrens) davon aus, dass er geschäftsunfähig sei. Dieses Problem hat der Gesetzgeber gesehen und in § 275 FamFG geregelt. Danach ist der Betroffene ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig.
Das Beschwerdegericht wollte diese Regelung nun aushebeln, indem es meinte, der Betroffene sei zwar verfahrensfähig, aber einen Rechtsanwalt könne er trotzdem nicht bevollmächtigen. Die Vollmacht des Rechtsanwalts sei nichtig und die Beschwerde daher unzulässig.
Glücklicherweise sah er Bundesgerichtshof dies anders: Die Verfahrensfähigkeit umfasse alle Befugnisse, die auch einem Geschäftsfähigen zustehen. Andernfalls würde der Betroffene als ein bloßes Objekt des Verfahrens behandelt, was gegen seine Menschenwürde verstoße. Der Bundesgerichtshof verwies das Verfahren daher ans Beschwerdegericht zurück, damit dieses nunmehr die gebotene Prüfung in der Sache vornehmen kann.
Der Bundesgerichtshof musste sich noch mit einer Ansicht in der Literatur befassen, die für die Vollmachtserteilung jedenfalls einen sogenannten natürlichen Willen des Betroffenen fordert. Dieser Ansicht erteilte der Bundesgerichtshof eine Absage. Für die Praxis ist das gut, weil sich nicht fassen lässt, was genau ein natürlicher Wille sein soll und wann er vorliegt.
Ihr VorsorgeAnwalt vor Ort unterstützt Sie gern, wenn Sie mit einem solchen Fallen konfrontiert werden.
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