Die Betroffene befand sich in einem wachkomatösen Zustand und wurde über eine Magensonde ernährt. In ihrer Patientenverfügung hieß es:
"Für den Fall, daß ich (...) aufgrund von Bewußtlosigkeit oder Bewußtseinstrübung (...) nicht mehr in der Lage bin, meinen Willen zu äußern, verfüge ich:Der Sohn und Betreuer der Betroffenen beantragte im ihrem Namen die Einstellung der künstlichen Ernährung. Das Amtsgericht und das Landgericht lehnten dies ab. Daher musste der BGH entscheiden.
Solange eine realistische Aussicht auf Erhaltung eines erträglichen Lebens besteht, erwarte ich ärztlichen und pflegerischen Beistand unter Ausschöpfung der angemessenen Möglichkeiten.
Dagegen wünsche ich, daß lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben, wenn medizi-
nisch eindeutig festgestellt ist,
Behandlung und Pflege sollen in diesen Fällen auf die Linderung von Schmerzen, Unruhe und Angst gerichtet sein, selbst wenn durch die notwendige Schmerzbehandlung eine Lebensverkürzung nicht auszuschließen ist. Ich möchte in Würde und Frieden sterben können, nach Möglichkeit in meiner vertrauten Umgebung.
- daß ich mich unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozeß befinde, bei dem jede lebenserhaltende Therapie das Sterben oder Leiden ohne Aussicht auf Besserung verlängern würde, oder
- daß keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewußtseins besteht, oder
- daß aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibt, oder
- daß es zu einem nicht behandelbaren, dauernden Ausfall lebenswichtiger Funktionen meines Körpers kommt.
Aktive Sterbehilfe lehne ich ab.
Ich bitte um menschliche und seelsorgerische Begleitung."
Das Genehmigungsverfahren war hier erforderlich, weil der Ehemann der Betroffenen ebenfalls Betreuer war und eine Einstellung der Ernährung ablehnte. Der BGH nutzte die Gelegenheit zu grundsätzlichen Aussagen:
Wenn der Betroffene für die Behandlungssituation in einer bindenden Patientenverfügung eine Entscheidung getroffen hat, dann gilt diese. Es gibt dann nichts mehr zu genehmigen. Die Frage ist nur, wann diese Bindungswirkung besteht. Nach dem BGH müssen die Behandlungssituation und die ärztliche Maßnahme benannt werden. Je konkreter die Behandlungssituation beschrieben ist, desto weniger konkret müssen die ärztlichen Maßnahmen beschrieben sein. Man wird davon ausgehen können, dass die vom VorsorgeAnwalt e.V. verwendeten Musterformulierungen den Ansprüchen des BGH genügen.
Wenn die Patientenverfügung nicht bindend ist, dann muss der Wille des Betreuten ermittelt werden. Das Landgericht muss nun in zweifacher Hinsicht nacharbeiten. Zunächst muss es prüfen, ob die vorliegende Behandlungssituation dem unterfällt, was die Betroffene in ihrer Patientenverfügung geregelt hat. Andernfalls muss es den Willen der Betroffenen ermitteln. Dazu gab es frühere Äußerungen der Betroffenen, die ausgewertet werden müssen.
Update: Am 14.11.2018 entschied der BGH erneut in der Sache (XII ZB 107/18). Das Landgericht hatte den Behandlungsabbruch für zulässig gehalten. Dagegen ging der Ehemann der Betroffenen vor, allerdings ohne Erfolg. Die Behandlung der Wachkomapatientin darf jetzt abgebrochen werden.
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