Das Betreuungsgericht darf nicht vorschnell einen Vorsorgebevollmächtigten als ungeeignet ansehen und eine Betreuung anordnen (BGH, Beschluss vom 13.02.2013 - XII ZB 647/12).
Im Fall des Bundesgerichtshofs war die Betroffene so schwer an Demenz erkrankt, dass sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen konnte. Zuvor hatte die Betroffene ihrem Sohn eine notarielle beurkundete Vorsorgevollmacht erteilt. Die Vollmacht enthielt ausdrücklich auch die Berechtigung zu Schenkungen und zum Abschluss von Übergabeverträgen. Später tätigte der Bevollmächtigte Schenkungen aus dem Vermögen der Betroffenen, unter anderem an seine Kinder. Das Betreuungsgericht (Amtsgericht) nahm dies zum Anlass, eine Betreuung anzuordnen. Der Bevollmächtigte legte hiergegen Beschwerde und sodann Rechtsbeschwerde ein und bekam vom Bundesgerichtshof recht.
Im Ausgangspunkt sagt § 1896 Absatz 2 Satz 1 BGB, dass ein Betreuer nur bestellt werden darf, wenn die Betreuung erforderlich ist. Nach § 1896 Absatz 2 Satz 2 BGB ist eine Betreuung in der Regel nicht erforderlich, wenn eine Vorsorgevollmacht existiert. Eine Ausnahme davon besteht jedoch, wenn der Vorsorgebevollmächtigte ungeeignet ist - etwa weil er die Vollmacht missbraucht. Dafür führten das Betreuungsgericht und Beschwerdegericht zwei Gründe an, die den Bundesgerichtshof nicht überzeugen konnten.
Zum einen meinte das Betreuungsgericht, der Bevollmächtigte sei ungeeignet, weil er die Schenkungen getroffen hatte. Nun waren Schenkungen nach der Vollmachtsurkunde ausdrücklich erlaubt. Der Notar hatte es aber versäumt, das Innenverhältnis zwischen der Betroffenen und dem Bevollmächtigten auszugestalten. Es stand daher nur fest, dass der Bevollmächtigte Schenkungen tätigen konnte, aber nicht, ob er das im Innenverhältnis auch durfte oder sogar sollte. Gestritten wurde daher darum, welchen Willen die Betroffene früher dazu geäußert hatte. Das Betreuungsgericht und das Beschwerdegericht hatten diese Frage nicht weiter untersucht. Das Verfahren wurde daher zum Beschwerdegericht zurückverwiesen, damit es weitere Ermittlungen anstellt.
Der zweite Grund für die Anordnung der Betreuung war ein unglücklicher Verfahrensverlauf. Das Betreuungsgericht hatte dem Bevollmächtigten aufgegeben, Kontoauszüge vorzulegen. Ein Teil der Kontoauszüge war in der Kanzlei des Rechtsanwalts des Bevollmächtigten liegen geblieben und nicht ans Betreuungsgericht weitergeleitet worden. Der Bundesgerichtshof stellte hierzu klar, dass der Fehler der Anwaltskanzlei nichts mit der Redlichkeit des Bevollmächtigten zu tun hat. Weiterhin ließ der Bundesgerichtshof ausdrücklich offen, ob das Betreuungsgericht überhaupt ohne ausreichenden Anlass die Vorlage der Kontoauszüge verlangen durfte. Der Vollmachtgeber erteilt die Vorsorgevollmacht in der Regel, damit der Staat sich nicht in seine Angelegenheiten einmischt. Das darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass das Betreuungsgericht mehr oder weniger willkürlich Einsicht in die Kontoauszüge begehrt.
Der Fall wirft eine weitere und viel wichtigere Frage auf, die der Bundesgerichtshof scheinbar übersehen hat. Der Bundesgerichtshof schreibt von einer Beschwerde des Bevollmächtigten. Die bisherige Rechtsprechung sieht die Vollmacht (zu Unrecht) nicht als ein subjektives Recht an und gewährt dem Bevollmächtigten daher gar keine Beschwerdeberechtigung, wobei dies wohl gegen Art. 19 Absatz 4 Grundgesetz verstößt (Papenmeier, Transmortale und postmortale Vollmachten als Gestaltungsmittel, S. 139 ff.). Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsbeschwerde des Bevollmächtigten hingegen als zulässig angesehen. Hat er damit der bisherigen Rechtsprechung eine Absage erteilt oder hat er das Problem schlicht übersehen?
Das eigentlich Problem des Falles liegt darin, dass der Notar das Innenverhältnis bei der Vorsorgevollmacht nicht ausgestaltet hat. Im Innenverhältnis hätte sich eine Regelung dazu finden müssen, in welchem Umfang der Bevollmächtigte Schenkungen tätigen darf. Damit hätte sich der Bevollmächtigte ein Verfahren über drei Instanzen gespart, das noch immer nicht beendet ist. Es hätte sich für die Beteiligten gelohnt, die Beratung durch einen VorsorgeAnwalt in Anspruch zu nehmen.
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