Diese Frage ist in der Praxis aus zwei Gründen wichtig. Zum einen macht sich ein Arzt strafbar, wenn er einen Patienten gegen seinen Willen behandelt. Zum anderen haben die Ärzte Angst davor, dass sie sich wegen Körperverletzung oder Totschlag durch Unterlassen strafbar machen, wenn sie nicht behandeln und der Patient stirbt.
Wenn der Patient nicht mehr einwilligungsfähig ist, müssen verschiedene Fälle unterschieden werden: Hat der Patient eine Patientenverfügung? Gibt es einen Vorsorgebevollmächtigten? Ist die medizinische Maßnahme unaufschiebbar?
Patientenverfügung vorhanden
Wenn der Patient eine Patientenverfügung erstellt hat, gibt es zunächst einmal den möglichen, aber unwahrscheinlichen Fall, dass der Patient eine Anordnung genau für die geplante Maßnahme getroffen hat. Das ist denkbar, wenn der Patient die Patientenverfügung unmittelbar vor einer Operation angepasst hat. In der Regel treffen die Patientenverfügungen allgemeine Regelungen über die Nichtbehandlung, die Unterlassung künstlicher Ernährung, etc. Dann muss jemand prüfen, ob die Voraussetzung für den Behandlungsabbruch im konreten Einzelfall vorliegen. Diese Aufgabe fällt dem Vorsorgebevollmächtigten zu. Ist kein Vorsorgebevollmächtigter vorhanden, muss das Gericht einen Betreuer bestellen. Das weitere Vorgehen hängt davon ab, wie sich der Vorsorgebevollmächtigte oder der Betreuer entscheiden. Entscheidet sich der Vorsorgebevollmächtigte oder Betreuer für die Behandlung, dann muss der Arzt behandeln. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Arzt bereits kein Behandlungsangebot unterbreitet, weil er eine Behandlung aus medizinischen Gründen für erfolglos hält.Entscheidet sich der Vorsorgebevollmächtigte oder Betreuer gegen eine Behandlung, dann muss der Arzt die Patientenverfügung selbst prüfen. Er wird quasi als Kontrollorgan tätig. Wenn der Arzt die Einschätzung des Vorsorgebevollmächtigten oder Betreuers teilt, wird die Behandlung abgebrochen. Andernfalls muss eine Entscheidung des Betreuungsgerichts herbeigeführt werden. Wenn der Patient bis zu dieser Entscheidung sterben könnte, muss der Arzt vorübergehend weiterbehandeln.
Keine Patientenverfügung
Hat der Patient keine Patientenverfügung, dann muss der Vorsorgebevollmächtigte den mutmaßlichen Willen des Patienten ermitteln. Wenn es keine Patientenverfügung gibt, gibt es regelmäßig auch keine Vorsorgevollmacht. Dann muss das Betreuungsgericht erst einen Betreuer bestellen. Das kann dann ein Berufsbetreuer sein, der den Patienten nicht kennt. Für diesen Betreuer ist es naturgemäß schwierig, den mutmaßlichen Patientenwillen festzustellen. Er kann hierzu Angehörige befragen. Wenn diese aber als potenzielle Erbschleicher in Betracht kommen, ist diese Erkenntnisquelle auch mit Vorsicht zu genießen. Es kann daher passieren, dass der Betreuer vorschnell zu dem Ergebnis gelangt, dass der Patient in jedem Fall eine medizinische Maximalversorgung gewünscht hätte.Entscheidet sich der Vorsorgebevollmächtigte oder Betreuer für die Behandlung, so muss der Arzt wiederum behandeln. Entscheidet sich der Vorsorgebevollmächtigte oder Betreuer für einen Behandlungsabbruch, dann darf die Behandlung abgebrochen werden, wenn der Arzt diese Einschätzung teilt. Andernfalls ist die Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich.
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