Mittwoch, 16. Mai 2018

BGH: Anfechtung des Vollmachtswiderrufs, Geeignetheit des Bevollmächtigten

Im Urteil vom 19.07.2017 (XII ZB 141/16) befasste sich der BGH mit zwei wichtigen Fragen:
1. Kann ein Vollmachtswiderruf wegen Drohung angefochten werden, wenn ein Kind behauptet, die Bevollmächtigten würden die Vollmacht missbrauchen und die Vollmachtgeberin eher umbringen, als ihr Vermögen zurückzugeben? (nein)
2. Sind Bevollmächtigte geeinget, die sich von der Vollmachtgeberin ihr gesamtes Vermögen übereignen lassen?  (nein)

Die Vollmachtgeberin litt an einer fortgeschrittenen Demenz. Sie hatte ihrem Sohn und ihren beiden Töchtern Vollmachten erteilt, bei denen jeweils zwei der Kinder handeln mussten. Die Töchter ließen sich nahezu das gesamte Vermögen der Vollmachtgeberin übertragen, darunter das selbsgenutzte Eigenheim der Vollmachtgeberin und andere Grundstücke. Dabei unterschrieb die Vollmachtgeberin beim Notar selbst. Ob sie da noch geschäftsfähig war, ist ungeklärt.

Die Vollmachtgeberin hat die Vollmachten ihrer Töchter widerrufen.  Der Sohn hatte die Vollmachtgeberin nachdrücklich angehalten, die Vollmachten zu widerrufen, weil mit einem künftigen Missbrauch durch die Töchter zu rechnen sei. Diesen Widerruf hat die Vollmachtgeberin später wegen Drohung angefochten. Ob die Vollmachtgeberin beim Widerruf oder bei der Anfechtung noch geschäftsfähig war, wissen wir nicht.

Der Sohn wandte sich an das Betreuungsgericht und regte die Bestellung eines Betreuers an. Mit diesem Anliegen erhielt er beim Amtsgericht und beim Landgericht eine Abfuhr. Der BGH half dann weiter und verwies die Sache zurück.

Zunächst einmal haben die Töchter nach dem Sachstand gar keine Vollmachten. Diese sind widerrufen worden, solange nicht feststeht, dass die Vollmachtgeberin beim Widerruf geschäftsunfähig war. Die Anfechtung des Widerrufs ist zwar theoretisch möglich. Es lag aber kein Anfechtungsgrund vor. Ein Anfechtungsgrund hätte nur vorgelegen, wenn der Sohn mit einem Übel gedroht hätte, auf das er selbst Einfluss hatte. Auf das künftige Verhalten der Töchter hatte er jedoch keinen Einfluss. Wenn es dabei bleibt, ist die Vollmacht unwirksam und es muss ein Betreuer bestellt werden.

Falls die Vollmacht der Töchter Bestand hätte, müsste geklärt werden, ob es trotz der Vollmachten eine Betreuung geben kann. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die Bevollmächtigten ungeeignet sind. Und diese Frage sollte das Landgericht nach Ansicht des BGH noch einmal gründlich überdenken.
  • Die Töchter hatten sich fast das gesamte Vermögen übertragen lassen. Falls die Mutter zu diesem Zeitpuntk schon geschäftsunfähig war, bestehen Rückübertragungsansprüche. Zudem haben die Töchter damit gezeigt, dass ihnen nicht so viel an den Interessen ihrer Mutter liegt.
  • Eine Tochter hatte die Vollmachtsausfertigung des Sohnes, gab sie ihm jedoch nicht.
  • Die Töchter verhinderten, dass der Verfahrenspfleger im Betreuungsverfahren mit ihrer Mutter reden konnte, ohne dass sie anwesend waren.
  • Auch der massive Geschwisterstreit könne zur Ungeeignetheit der Töchter führen.

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