Wenn der Vorsorgebevollmächtigte (vermeintlich) seine Vollmacht missbraucht, kann das Betreuungsgericht einen Kontrollbetreuer bestellen. Im Beschluss des BGH vom 09.05.2018 (XII ZB 413/17) hatte die Betroffene ihrem Sohn und ihrem Enkel notarielle Vorsorgevollmachten erteilt. Beide waren von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, durften also sogenannte Insichgeschäfte als Vertreter der Betroffenen mit sich selbst abschließen.
Die Betroffene war wohl schon immer großzügig gegenüber ihrem Sohn. Nachdem die Betroffene geschäftsunfähig geworden war, setze der Sohn die Großzügigkeit mit seiner Vorsorgevollmacht fort. So gab er seiner GmbH und seiner Ehefrau Darlehen. Dabei kam es zu Ungereimtheiten, weil Darlehenszinsen nicht oder an die falsche Person gezahlt wurden. Weiterhin stellte sich die Frage, ob das Vermögen der Betroffenen noch ausreichte, um sich die Großzügigkeit gegenüber dem Sohn zu leisten. Der BGH entschied daher, dass in diesem Fall ein Kontrollbetreuer erforderlich ist.
Ober der Sohn seine Vollmacht wirklich missbraucht hat, lässt sich nicht ohne weiteres beantworten. Scheinbar lag es auch früher schon im Interesse der Betroffenen, ihren Sohn zu unterstützen. Deshalb muss hier zunächst ein Kontrollbetreuer bestellt werden, der sich Rechenschaft ablegen lässt und die Belege näher prüft.
Der Kontrollbetreuer darf allerdings nicht sofort zum Widerruf der Vorsorgevollmacht ermächtigt werden. Vielmehr muss er sich erst Rechenschaft ablegen lassen, um zu sehen, was an den Vorwürfen dran ist. Dann muss der Kontrollbetreuer versuchen, den Bevollmächtigten durch Weisungen auf den richtigen Weg zurückzuführen. Erst wenn das nicht klappt, darf (und muss) die Vollmacht widerrufen werden.
Der eigentlich Fehler des Falles liegt aber weiter in der Vergangenheit. Wieder einmal war eine Vollmachtgeberin beim Notar und hat Vorsorgevollmachten erteilt, ohne dass das Innenverhältnis sachgerecht ausgestaltet wurde. Im Innenverhältnis wird geregelt, was der Bevollmächtigte mit seiner Vollmacht tun darf und tun soll. Darf er sich Schenkungen machen? Wenn ja, in welchem Umfang? Ihr VorsorgeAnwalt bespricht dies gern mit Ihnen im Rahmen Ihrer individuellen Vorsorgegestaltung.
Wie schon häufig in unseren Beiträgen dargestellt, ist die Kontrollbetreuung ein Thema, bei welchem dringend gesetzlicher Regelungsbedarf gefordert ist. Besonders hervorzuheben ist diesbezüglich unserer Meinung nach hinsichtlich der funktionellen Zuständigkeit (Richter oder Rechtspfleger?) innerhalb der Gerichte bei der Frage, ob überhaupt eine Kontrollbetreuung angeordnet werden darf oder nicht. Inhaltlich richtet sich dies danach, ob die Wahrung der Interessen des Vollmachtgebers durch den Vollmachtnehmer konkret und erheblich gefährdet ist, bloße Verdachtsmomente genügen nicht (s. dazu die vorhergehenden Beiträge)
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