Donnerstag, 17. März 2016

Betreuung bei Zweifeln an Wirksamkeit einer Vorsorgevollmacht

Ist unklar, ob ein möglicherweise geschäftsunfähiger Vollmachtgeber eine Vorsorgevollmacht widerrufen konnte, dann steht diese Vorsorgevollmacht der Einrichtung einer Betreuung nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 19.08.2015 - XII ZB 610/14).

Wieder eine Entscheidung zum Thema "Vorsorgevollmacht verdrängt Betreuung". Wenn es eine Vorsorgevollmacht gibt, dann darf kein Betreuer bestellt werden, wenn der Vorsorgebevollmächtigte die Angelegenheiten des Betroffenen mindestens ebenso gut wie ein Betreuer besorgen kann (§ 1896 Absatz 2 Satz 2 BGB). Aber ist das auch der Fall, wenn wir nicht wissen, ob die Vorsorgevollmacht wirskam ist? Der BGH verneinte die Frage.

Dienstag, 23. Februar 2016

BGH: Kontrollbetreuung bei behaupteter Entwendung von Geld

Wenn die geschäftsunfähige Vollmachtgeberin behauptet, die Bevollmächtigte hätte ihr Geld entwendet, dann ist eine Kontrollbetreuung einzurichten (BGH, Beschluss vom 09.09.2015 - XII ZB 125/15).

Die Betroffene hatte ihrer Tochter eine Vorsorgevollmacht erteilt. Sie litt nun an Demenz und konnte deshalb ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen. Die Betroffene behauptete, ihre Tochter habe eine Geldkassette entwendet, in der sich 7.000 € befanden. Die Betroffene widerrief daher die Vorsorgevollmacht. Sie war aber zu diesem Zeitpunkt schon geschäftsunfähig, so dass der Vollmachtswiderruf unwirksam war. Das Betreuungsgericht richtete in dieser Situation eine Kontrollbetreuung ein. Die bevollmächtigte Tochter legte dagegen Beschwerde und anschließend Rechtsbeschwerde ein. Sie hatte damit keinen Erfolg.

Donnerstag, 14. Januar 2016

Geschäftsmäßige Sterbehilfe strafbar

Am 09.12.2015 wurde das Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung im Bundesgesetzblatt verkündet. Es trat damit am 10.12.2015 in Kraft. Mit dem Gesetz wurde ein neuer Straftatbestand eingeführt:
 § 217 StGB Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung
(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht.
Was heißt das für diejenigen, die am Lebensende mit schweren Leiden konfrontiert sind? Sie können den Entschluss fassen, ihr Leben zu beenden. Sie können sich dabei aber nicht professionell begleiten lassen, jedenfalls nicht in Deutschland. Es bleibt die Frage, ob das Gesetz vor dem Grundgesetz bestand haben kann.

Samstag, 9. Januar 2016

Nein bei Kreuzchenvollmacht

Eine Betreuung ist nicht erforderlich, wenn bei einer Kreuzchenvollmacht die Punkte "Vertretung gegenüber Gerichten" und "Eingehen von Verbindlichkeiten" fehlen bzw. mit nein angekreuzt werden (BGH, Beschluss vom 01.04.2015 - XII ZB 29/15).

Der Betroffene hatte seiner Ehefrau eine Vorsorgevollmacht auf einem Formular erteilt, bei dem verschiedene Punkte mit ja oder mit nein angekreuzt werden können. Das Muster sah einen Punkt vor, wonach die Bevollmächtigte für den Betroffenen Verbindlichkeiten eingehen darf. Bei diesem Punkt wurde weder "ja", noch "nein" angekreuzt. Bei dem weiteren Punkt, wonach die Bevollmächtigte den Betroffenen vor Gericht vertreten darf, hatte der Betroffene "nein" angekreuzt. Das Amtsgericht ordnete zunächst eine volle Betreuung an. Auf die Beschwerde der Betreuungsbehörde beschränkte das Amtsgericht die Betreuung auf die Eingehung von Verbindlichkeiten und die Vertretung gegenüber Gerichten sowie Prozesshandlungen aller Art. Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Landgericht zurück. Der Bundesgerichtshof musste den Fall in der Rechtsbeschwerde in Ordnung bringen. Er hob die Betreuung auf.

Dienstag, 3. November 2015

BGH: Kontrollbetreuer und Vollmachtswiderruf

Eine Kontrollbetreuung und der Aufgabenkreis zum Widerruf einer Vorsorgevollmacht dürfen nur angeordnet werden, wenn sie erforderlich sind. (Und das sind sie nicht ohne weiteres.) (BGH, Beschluss vom 23.09.2015 - XII ZB 624/14).

Vorsorgevollmachten kommen in der Rechtsprechung des BGH an. Hier musste der BGH über einen Fall entscheiden, in dem innerfamiliäre Streitigkeiten mit Hilfe des Betreuungsgerichts ausgetragen werden sollten. Der BGH schob dem einen Riegel vor. Die Betroffene hatte ihrem Neffen eine notarielle Generalvollmacht erteilt. Andere Familienangehörige waren mit der Geschäftsführung des Bevollmächtigten nicht einverstanden. Sie beauftragten einen Rechtsanwalt, der die Betroffene aufsuchte und dann in ihrem Namen Einwendungen formulierte. Das Zimmer sei zu klein. Es enthalte keine persönlichen Möbel. Der Bevollmächtigte bewohne ab und an das Haus der Betroffenen, anstatt es zu vermieten. Zudem unterbinde der Bevollmächtigte den Kontakt der Betroffenen zum Rest der Familie.

Das Betreuungsgericht ordnete eine Kontrollbetreuung an und ermächtigte den Betreuer zum Widerruf der Vollmacht. Die Betroffene wandte sich dagegen mit ihrer Beschwerde zum Landgericht. Diese Beschwerde hatte keinen Erfolg. Anders sah das dann in der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof aus. Dort gewann die Betroffene.

Montag, 2. November 2015

BGH: Widerruf einer Vorsorgevollmacht durch Betreuer

Der Widerruf einer Vorsorgevollmacht durch einen Betreuer ist unumkehrbar. Deshalb muss dem Betreuer dieser Aufgabenbereich gesondert zugewiesen werden. Die Frage, was gilt, wenn trotzdem ein Betreuer bestellt wird und die Vollmacht widerruft, bleibt weiter unbeantwortet (BGH, Beschluss vom 28.07.2015 - XII ZB 674/14).

Der Beschluss des BGH befasste sich mit zwei Fragen. Die Betroffene hatte eine Vorsorgevollmacht erstellt. Das Betreuungsgericht bestellte einen Betreuer, der diese Vorsorgevollmacht widerrief. Dem Betreuer war aber nur der Aufgabenbereich Vermögenssorge zugewiesen worden. Der BGH entschied, dass darüber hinaus der Vollmachtswiderruf als eigene Aufgabe zugewiesen werden muss. Sonst ist der Widerruf der Vollmacht unwirksam.

Das Betreuungsgericht bestellte einen weiteren Betreuer und wies ihm die Aufgabe des Vollmachtswiderrufs ausdrücklich zu. Der Vorsorgebevollmächtigte legte dagegen im Namen des Betroffenen eine Beschwerde und danach eine Rechtsbeschwerde ein. Der BGH entschied, dass die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten im Verfahren über die Rechtsbeschwerde fortbesteht. Er konnte die Rechtsbeschwerde daher als zulässig behandeln und darüber entscheiden. Die Frage, ob der zweite Betreuer bestellt werden durfte, muss nun erneut vom Betreuungsgericht geprüft werden. Der BGH hat dazu Hinweise gegeben, die dafür sprechen, dass die Betreuerberstellung insgesamt rechtswidrig war.

Was passiert aber mit der widerrufenen Vollmacht? Diese Frage hat der BGH nicht beantwortet. Damit setzt sich ein Trauerspiel fort.

Dienstag, 29. September 2015

BGH zur Unbetreubarkeit

Die Erforderlichkeit einer Betreuung kann fehlen, wenn der Betroffene unbetreubar ist. Das darf aber nur in Ausnahmefällen angenommen werden (BGH, Beschluss vom 28.01.2015 - XII ZB 520/14).

Im Fall des Bundesgerichtshofs ging es um einen Betroffenen, der unter einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus litt. Dieser hatte auf seinen Wunsch eine Betreuerin erhalten. Die Betreuuerin strich irgendwann die Segel, weil sie mit dem Betroffenen nicht klar kam. Unter anderem hatte dieser die Umleitung seiner Post veranlasst, damit die Betreuerin diese nicht lesen konnte. Das Betreuungsgericht hob die Betreuung daraufhin auf, weil der Betroffene unbetreubar sei und die Betreuung daher nichts nütze. Der Betroffene legte dagegen Beschwerde ein. Das Landgericht wies die Beschwerde des Betroffenen zurück. Der Bundesgerichthof musste sodann über die Rechtsbeschwerde des Betroffenen entscheiden. Er hob die Entscheidung auf und verwies die Sache zurück.