Wenn ein Vorsorgebevollmächtigter in freiheitsentziehende Maßnahmen einwilligt, benötigt er hierfür die Genehmigung des Betreuungsgerichts nach § 1906 Absatz 5 BGB. Auf die Genehmigungspflicht kann der Vollmachtgeber nicht verzichten. Die Genehmigungspflicht ist verfassungsgemäß (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10.06.2015 - 2 BvR 1967/12).
Nachdem die Vollmachtgeberin bei Pflegestufe III mehfach aus einem Stuhl und aus dem Bett gefallen war, willigte der Bevollmächtigte in die Benutzung von Bettgittern und Beckengurt ein. Das Betreuungsgericht (Amtsgericht) genehmigt dies. Eigentlich wäre der Fall hier zu Ende. Dem Bevollmächtigten ging es aber scheinbar um das Prinzip. Der Fall ging daher vom Amtsgericht zum Landgericht, danach zum Bundesgerichtshof und jetzt noch zum Bundesverfassungsgericht. Der Bevollmächtigte wollte festgestellt haben, dass das Betreuungsgericht gar nicht erst darüber entscheiden durfte, ob die freiheitsentziehenden Maßnahmen genehmigt werden. Er verlor in allen Instanzen.
Dienstag, 7. Juli 2015
Donnerstag, 4. Juni 2015
Kann jede Vorsorgevollmacht ausgehebelt werden?
Der Bundesgerichtshof entschied in seinen Beschlüssen vom 05.11.2014 (XII ZB 117/14) und vom 15.04.2015 (XII ZB 330/04), dass ein Vorsorgebevollmächtigter sich nicht dagegen wehren kann, dass ein Betreuer bestellt wird, der die Vollmacht widerruft.
Die Vorsorgevollmacht ermöglicht es dem Vollmachtgeber, seine Angelegenheiten zu regeln, ohne dass sich der Staat einmischt. Deshalb darf kein Betreuer bestellt werden, wenn es eine Vorsorgevollmacht gibt (§ 1896 Absatz 2 Satz 2 BGB). Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Bevollmächtigte seine Vollmacht missbraucht. Dann kann das Gericht einen Betreuer bestellen, der die Vollmacht widerruft. - Soweit die Theorie. Was ist aber, wenn das Gericht einen Betreuer bestellt, obwohl es dafür gar keinen Grund gab? Was ist, wenn dieser Betreuer die Vollmacht widerruft? Dann ist die Vollmacht weg. Sie kann selbst dann nicht wieder aufleben, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Betreuerbestellung und der Vollmachtswiderruf rechtswidrig waren. Grund dafür ist die Regelung in § 47 FamFG. Danach bleiben die Rechtsgeschäfte des Betreuers wirksam, wenn sich die Betreuerbestellung nachträglich als rechtswidrig herausstellt.
Noch schlimmer: Der Vorsorgebevollmächtigte kann sich nicht einmal dagegen wehren, dass ein Betreuer bestellt wird. Mag die Betreuerbestellung noch so rechtswidrig sein. Eine Beschwerde des Vorsorgebevollmächtigten ist nach der aktuellen Rechtsprechung unzulässig.
Die Vorsorgevollmacht ermöglicht es dem Vollmachtgeber, seine Angelegenheiten zu regeln, ohne dass sich der Staat einmischt. Deshalb darf kein Betreuer bestellt werden, wenn es eine Vorsorgevollmacht gibt (§ 1896 Absatz 2 Satz 2 BGB). Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Bevollmächtigte seine Vollmacht missbraucht. Dann kann das Gericht einen Betreuer bestellen, der die Vollmacht widerruft. - Soweit die Theorie. Was ist aber, wenn das Gericht einen Betreuer bestellt, obwohl es dafür gar keinen Grund gab? Was ist, wenn dieser Betreuer die Vollmacht widerruft? Dann ist die Vollmacht weg. Sie kann selbst dann nicht wieder aufleben, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Betreuerbestellung und der Vollmachtswiderruf rechtswidrig waren. Grund dafür ist die Regelung in § 47 FamFG. Danach bleiben die Rechtsgeschäfte des Betreuers wirksam, wenn sich die Betreuerbestellung nachträglich als rechtswidrig herausstellt.
Noch schlimmer: Der Vorsorgebevollmächtigte kann sich nicht einmal dagegen wehren, dass ein Betreuer bestellt wird. Mag die Betreuerbestellung noch so rechtswidrig sein. Eine Beschwerde des Vorsorgebevollmächtigten ist nach der aktuellen Rechtsprechung unzulässig.
Sonntag, 19. April 2015
Bank muss Vorsorgevollmacht akzeptieren
Wenn eine Bank eine Vorsorgevollmacht nicht akzeptiert und der Kunde deshalb einen Rechtsanwalt beauftragt, dann muss die Bank die Anwaltskosten als Schadensersatz ersetzen (LG Detmold, Urteil vom 14.01.2015 - 10 S 110/14).
Banken mögen Bankvollmachten auf bankeigenen Formularen. Sie tun sich regelmäßig schwer damit, Vorsorgevollmachten zu akzeptieren, obwohl sie das müssen. In der Praxis führt dies oft dazu, dass die Bankkunden zusätzlich zu ihrer Vorsorgevollmacht noch eine Bankvollmacht auf dem Bankformular erteilen.
Im Fall des LG Detmold war dies aber nicht mehr möglich. Die Bank akzeptierte die Vorsorgevollmacht nicht. Der Kunde beauftragte deshalb einen Rechtsanwalt, der die Bank dazu brachte, die Vorsorgevollmacht zu akzeptieren. Die Bank weigerte sich jedoch, die Kosten für den Rechtsanwalt zu tragen. Das Landgericht Detmold entschied, dass die Bank die Kosten tragen muss, weil sie die Vorsorgevollmacht rechtswidrig nicht akzeptiert hatte.
Banken mögen Bankvollmachten auf bankeigenen Formularen. Sie tun sich regelmäßig schwer damit, Vorsorgevollmachten zu akzeptieren, obwohl sie das müssen. In der Praxis führt dies oft dazu, dass die Bankkunden zusätzlich zu ihrer Vorsorgevollmacht noch eine Bankvollmacht auf dem Bankformular erteilen.
Im Fall des LG Detmold war dies aber nicht mehr möglich. Die Bank akzeptierte die Vorsorgevollmacht nicht. Der Kunde beauftragte deshalb einen Rechtsanwalt, der die Bank dazu brachte, die Vorsorgevollmacht zu akzeptieren. Die Bank weigerte sich jedoch, die Kosten für den Rechtsanwalt zu tragen. Das Landgericht Detmold entschied, dass die Bank die Kosten tragen muss, weil sie die Vorsorgevollmacht rechtswidrig nicht akzeptiert hatte.
Mittwoch, 15. April 2015
Erbunwürdigkeit durch Beendigung der künstlichen Ernährung
Wer die PEG-Sonde seines Ehegatten abschneidet, ist erbunwürdig (BGH, Urteil vom 11.03.2015 - IV ZR 400/14).
Die Erblasserin war seit 1997 an Alzheimer erkrankt. Seit 2002 befand sie sich in einem Alten- und Pflegeheim. Seit 2003 wurde die Erblasserin künstlich über eine PEG-Sonde (Magensonde) ernährt. Sie verließ das Krankenzimmer nicht mehr. Eine Kommunikation mit der Erblasserin war nicht mehr möglich. Der Ehemann der Erblasserin schnitt im Jahr 2012 den Verbindungsschlauch zur Magensonde ab, um die Erblasserin zu töten. Der Tötungsversuch misslang, weil das Pflegepersonal die Verbindung reparierte. Der Ehemann der Erblasserin wurde wegen versuchten Totschlags in einem minder schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt.
Im Fall des Bundesgerichtshofs ging es nun darum, ob der Ehemann der Erblasserin aufgrund seiner Tat erbunwürdig ist. Das Oberlandesgericht hatte das noch verneint. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf und verwies die Sache zurück.
Die Erblasserin war seit 1997 an Alzheimer erkrankt. Seit 2002 befand sie sich in einem Alten- und Pflegeheim. Seit 2003 wurde die Erblasserin künstlich über eine PEG-Sonde (Magensonde) ernährt. Sie verließ das Krankenzimmer nicht mehr. Eine Kommunikation mit der Erblasserin war nicht mehr möglich. Der Ehemann der Erblasserin schnitt im Jahr 2012 den Verbindungsschlauch zur Magensonde ab, um die Erblasserin zu töten. Der Tötungsversuch misslang, weil das Pflegepersonal die Verbindung reparierte. Der Ehemann der Erblasserin wurde wegen versuchten Totschlags in einem minder schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt.
Im Fall des Bundesgerichtshofs ging es nun darum, ob der Ehemann der Erblasserin aufgrund seiner Tat erbunwürdig ist. Das Oberlandesgericht hatte das noch verneint. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf und verwies die Sache zurück.
Mittwoch, 18. Februar 2015
Falle: Rechnungslegung
Eine Vorsorgevollmacht ist wichtig, um die Angelegenheiten des Vollmachtgebers regeln zu können. Die Vorsorgevollmacht kann für den Bevollmächtigten aber zur Falle werden, wenn die Ausgestaltung des Grundverhältnisses fehlt.
Vorsorgevollmachten sind weit verbreitet. Oft hilft der Bevollmächtigte seinem Ehegatten oder seinen Eltern, in vielen Fällen auch unentgeltlich. Das böse Erwachen kommt meist nach dem Tod des Vollmachtgebers, wenn dessen Erben die Rechnungslegung für sämtliche Geschäfte verlangen, die der Bevollmächtigte mit der Vollmacht getätigt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt können Jahre vergangen sein. Viele Bevollmächtigte haben die Belege für die täglichen Einkäufe weggeworfen.
Diese Fälle gehen für den Bevollmächtigten meist nicht gut aus. Wenn nichts anderes geregelt ist, muss der Bevollmächtigte nach §§ 666, 259 BGB Rechenschaft über seine gesamte Auftragsführung ablegen. Das ist zunächst mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Je nachdem, wie die Rechnungslegung aussieht, kann es aber noch schlimmer werden. Als nächstes werden die Erben vom Bevollmächtigten die Rückzahlung von Beträgen verlangen, die er vereinnahmt hat.
Vorsorgevollmachten sind weit verbreitet. Oft hilft der Bevollmächtigte seinem Ehegatten oder seinen Eltern, in vielen Fällen auch unentgeltlich. Das böse Erwachen kommt meist nach dem Tod des Vollmachtgebers, wenn dessen Erben die Rechnungslegung für sämtliche Geschäfte verlangen, die der Bevollmächtigte mit der Vollmacht getätigt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt können Jahre vergangen sein. Viele Bevollmächtigte haben die Belege für die täglichen Einkäufe weggeworfen.
Diese Fälle gehen für den Bevollmächtigten meist nicht gut aus. Wenn nichts anderes geregelt ist, muss der Bevollmächtigte nach §§ 666, 259 BGB Rechenschaft über seine gesamte Auftragsführung ablegen. Das ist zunächst mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Je nachdem, wie die Rechnungslegung aussieht, kann es aber noch schlimmer werden. Als nächstes werden die Erben vom Bevollmächtigten die Rückzahlung von Beträgen verlangen, die er vereinnahmt hat.
Mittwoch, 14. Januar 2015
Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen
Der Bundesgerichtshof musste sich im Beschluss vom 17.09.2014 - XII ZB 202/13 - mit dem Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen für eine Patientin beschäftigen, die im Wachkoma lag.
Der Ehemann und die Tochter der Patientin waren deren gesetzliche Betreuer. Sie gelangten zu dem Schluss, dass der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen dem Willen ihrer Ehefrau und Mutter entsprochen hätte. Diese konnte sich selbst nicht mehr äußern, da sie im Wachkoma lag. Scheinbar gelangte auch die Ärztin zu diesem Schluss, wenn auch nicht sofort. Trotzdem zog sich das Verfahren vom Amtsgericht Stollberg über das Landgericht Chemnitz bis zum Bundesgerichtshof hin.
Der Bundesgerichtshof entschied im Ergebnis zu Gunsten der Patientin, musste das Verfahren aber an die Vorinstanz zurückverweisen. Beachtenswert sind Ausführungen des BGH zu der Frage, warum er überhaupt entscheiden durfte. Nach dem Gesetzewortlaut durfte er es nicht.
Der Ehemann und die Tochter der Patientin waren deren gesetzliche Betreuer. Sie gelangten zu dem Schluss, dass der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen dem Willen ihrer Ehefrau und Mutter entsprochen hätte. Diese konnte sich selbst nicht mehr äußern, da sie im Wachkoma lag. Scheinbar gelangte auch die Ärztin zu diesem Schluss, wenn auch nicht sofort. Trotzdem zog sich das Verfahren vom Amtsgericht Stollberg über das Landgericht Chemnitz bis zum Bundesgerichtshof hin.
Der Bundesgerichtshof entschied im Ergebnis zu Gunsten der Patientin, musste das Verfahren aber an die Vorinstanz zurückverweisen. Beachtenswert sind Ausführungen des BGH zu der Frage, warum er überhaupt entscheiden durfte. Nach dem Gesetzewortlaut durfte er es nicht.
Samstag, 3. Januar 2015
Transmortale Vollmachten sind grundbuchtauglich
Die meisten Vorsorgevollmachten gelten über den Tod des Vollmachtgebers hinaus. Sie sind transmortal. Der Bevollmächtigte kann diese Vollmachten benutzen, um nach dem Tod des Vollmachtgebers ein Grundstück zu übertragen. Dazu ist kein Erbschein nötig (§ 40 Absatz 1 GBO). Bei den Grundbuchämtern hat sich das noch nicht überall herumgesprochen. Dies belegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts München vom 21.07.2014 - 34 Wx 259/14 - und des Oberlandesgerichts Schleswig vom 15.07.2014 - 2 W 48/14. In beiden Fällen mussten die Oberlandesgerichte dem Grundbuchamt erklären, dass die Grundstücksübertragung durch den Bevollmächtigten wirksam ist. Allerdings ist auch die Missbrauchsgefahr nicht zu unterschätzen.
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